Die letzten Tage waren wieder von Gedanken geprägt. Gedanken daran, dass ich jetzt oder in Zukunft gerade wieder mit ihr alleine bin, daran wie blöd sich das jetzt wieder anfühlt etc. Die Rechnung kam gestern Abend, als ich vom Garten ins Haus zurückging.
Plötzlich hatte ich den Gedanken an ein kleines Kind, mein inneres Kind, welches vor Verzweiflung schreit. Diesmal war ich nicht alleine und widmete mich dem sofort. Es flossen viele Tränen. Angst kam hoch. Unschöne Gedanken. Verzweiflung, Angst vor dem Alleine sein… Nach der Arbeit mit dem inneren Kind dachte ich, es sei vorbei, aber dem war nicht so. Ich ging nach unten, auf Toilette. Weinte wieder und der Gedanken, dass, wenn alles nichts mehr nützt, mir immer noch der Tod aus Ausweg bleibt, keimte wieder in mir auf.
Doch etwas war anders. Das ganze Dilemma ist nun fast zwei Jahre her. Und gestern hatte ich das erste Mal das Zepter in der Hand behalten. Ich redete mir gut zu, kam sogar auf den Gedanken, dass es alles Gefühle der Vergangenheit sind und nicht der Gegenwart. Gefühle eines kleinen Kindes, nicht einer erwachsenen Frau. Ich nahm die Gefühle hin, auch den Gedanken an Tod und kämpfte nicht dagegen an.
Als ich dann unser Kind ins Bett bringen wollte, kam Fred. Den kennt ihr leider noch nicht, werde demnächst Mal einen Artikel verfassen. Nur so viel, ich fühlte mich wieder wie ein kleines Kind, total hilflos und totale Angst vor dem Alleine sein. Ich weinte. Dennoch schickte ich meinen Mann aus dem Zimmer und sang für unser Kind und redetet weiter auf mich liebevoll ein. Bis es vorbei war.
Soweit war ich noch nie. Dennoch ist mir nicht nah feiern zumute.
Die Nacht gestaltete sich wieder schwierig. Bis zwei schlief ich wohl gar nicht oder nickte nur weg und dann kam wieder dieses Kribbeln. In der Klinik war es damals genauso. Von Kopf bis Fuß durchfuhr mich ein unangenehmes Kribbeln und ich verspürte Angst.
Ich stand bis zwei Uhr morgen mehrmals auf. Baldriantablette, etwas tiktok. Dann legte ich mich wieder hin und das Spiel begann von neuem. Gegen zwei zog ich mir trotz 20 Grad im Zimmer Socken an und warf noch eine dicke Decke zusätzlich über. Dann schlief ich bis sechs, dann war die Nacht vorbei.
Der Tag heute…. naja. Viele Gedanken, immer mal Angst. Auch jetzt gerade wieder. Ich versuche meine Gedanken im Zaum zu halten. Zudem habe ich wieder damit begonnen, jeden negativen Gedanken sofort durch einen positiven zu ersetzen.
Ich hasse es, ich weiß hassen ist ein starkes Wort und nicht ganz angebracht (da der Hass sich ja quasi gegen mich richtet), dass ich mir immer unnötig Gedanken mache. Auch das versuche ich noch zu akzeptieren. Dass ich eben so bin, wie ich bin.
Ob eine generalisierte Angststörung heilbar ist, weiß ich nicht. Bei mir liegt der Ursprung weit zurück. Und ich kann ihn nur erahnen. Brutkasten nach der Geburt; ein Vater, der mir immer Probleme schon als Kleinkind, was krabbeln lernte, aus dem Weg räumte. Damit hab ich natürlich gelernt, dass ich nichts selber kann und immer auf andere angewiesen bin. Sowas macht einfach unsicher, auch wenn es nur lieb gemeint ist. Das steckt immer noch drin, auch wenn es so falsch ist. Aber gelernt ist gelernt. Und ein Umlernen dauert eben.
Außerdem habe ich mich jetzt doch bei einer Selbsthilfegruppe angemeldet. Gehe vielleicht nächste Woche das erste Mal hin. Vor Jahren, als ich Todesangst wegen Herzproblemen hatte, wurde mir davon abgeraten, weil es nicht gut ist, wenn man sich nur noch mit dem Thema beschäftigt und das tat ich ja sowieso jede einzelne Sekunde.
Aber diesmal ist es anders. Ich hoffe auf Input. Neue Wege. Vielleicht neue Kontakte. Aber eher Ersteres. Außerdem möchte ich mich nicht mehr alleine fühlen. Ich möchte mehr spüren, dass es andere wie mich da draußen gibt, die ebenso Zeiten haben, in denen sie leiden. Ich weiß, dass wir viele sind. Psychische Erkrankungen sind immer noch ein Tabuthema, aber ich habe inzwischen genug Betroffene kennengelernt und gesehen. Dennoch möchte ich da mehr Rückhalt.
Ich meine, wir waren am Samstag wieder auf einem Fest und da traf ich prompt, wie letztes Jahr auch, den gleichen Typen aus der Tagesklinik wieder. Die Ärzte aus der Psychiatrie sehe ich auch ständig, also wer weiß, wie vielen Betroffenen man am Tag so über den Weg läuft, ohne es zu wissen. Und ich finde die Gewissheit, dass ich nicht alleine bin, heilsam. Es stärkt mich.
Zum Abschluss möchte ich noch sagen, dass ihr daran denken solltet, dass Rückfälle dazu gehören (Erfolg ist keine aufsteigende Gerade, Danke an einen Mann für die Erinnerung <3 ). Bleibt dran. Habt Geduld, unendlich viel Geduld mit euch selbst. Wie schon erwähnt, hat es fast zwei Jahre gedauert, um so weit zu kommen.
Haltet die Ohren steif!
Euer Kopffüstern
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