In Kunsttherapie in der Klinik in Merseburg malte ich immer wieder Kreise. Gott.. mir wird das Ausmaß gerade erst bewusst… Jedenfalls bekam ich ausnahmsweise eine Einzelstunde Kunst und sollte eine Kugel aus Ton gestalten.
Leider weiß ich nicht mehr jede Einzelheit. Aber die wichtigste Frage, die sie mir stellte… wo soll die Kugel hin. Und mir kam sofort, was ich nicht verstand, der Gedanke in mein Herz. Also gestaltete ich ein Herz aus Wolle und platzierte da die Kugel. Und dann war es gut.
Alter…. Ich sollte mehr schreiben. Und dann war es gut… Für meinen Zwillingsbruder und mich sollte ich auch einen Ort malen, an dem es gut ist. Und meine letzte Aufgabe war ein GUTES Symbol für mich… Hm.
Jedenfalls hatte ich die zwei Kreise gemalt und im Abschlussgespräch kam ja bei rum, dass wir das sind. Mein Zwillingsbruder und ich. Und ihn hab ich quasi in mein Herz gelegt oO
Also Kind, ach scheiße…. Auch alles Jugendliche verrannte ich mich in Tagträumereien. Übrigens auch typisch für Trauma. Traumatisierte Kinder entwickeln sehr zeitig viel Fantasie und ziehen sich in Tagträume zurück, um den Trauma zu entkommen. Ganz ehrlich, ich mach’s heute manchmal noch. Früher vertrieb ich mir damit die Stunden. Und eins kam immer vor. Ein großer Bruder. Ein Beschützer. Jemand, der auf mich aufpasst, der mich tröstet, der mir helfen zur Hand Seite steht. Und ich weiß noch wie innig ich diese Verbindung immer empfand. So müssen Zwillinge füreinander empfinden. Jedenfalls stell ich es mir so vor? Oder ich weiß es?
Wenn ich ehrlich mit mir selbst bin, empfand ich diese Bindung als extrem nah. Näher als ich mich meinen Mann fühle und das ist schon nah…
So ein scheiß…. Ich male schon so lange Kreise. Auf dem Kreuz, welches ich meinen Bruder machte, welches im Garten hängt .. Kreise…
Nicht mal vor der Klinik, als ich Ego-State-Therspie gemacht habe und wieder die gleiche Gestalt sichtbar wurde wie bei der Aufstellung, die sagte, „ich bin du“, nicht mal das war mir Beweis genug.
Nein, da musste ich in Kunst erst richtig auf die Fresse fallen ? aber es war gut so. Jetzt weiß ich es. Und ich muss zugeben, dass mein, ich weiß nicht, wie ich das beschreiben soll, mein Lebensgefühl (??), sich etwas, ganz minimal, geändert hat. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass nun endlich etwas in mir zur Ruhe gekommen ist und ich mit jeder Faser meines Körpers weiß, dass ich tatsächlich ein alleinegeborener Zwilling bin. Diese Antwort hab ich alle die Jahre gesucht.
Ich wollte immer nach Berlin Aufstellungen machen, bei Leuten , die sich mit dem Thema gut auskennen. Vor Jahren wollte ich online Therapie deswegen machen. Aber ich hab’s immer weggeschoben, weil mir der Beweis fehlte. Jetzt ist es endlich gut. Und darf sein.
Jetzt kommt wohl der nächste Schritt. Trauerarbeit, viel. Und ihn in mein Leben zu integrieren. Ich glaube, dass schreit nach einem Tattoo ? Therapeutisch wichtig, super Ausrede.
Ich bin um meinen Geburtstag extrem sensibel. Die Abnahme bisher, dass sich mein Geburtstrauma jährt. Aber eigentlich hätte da noch jemand geboren werden müssen. Vor mir. Vielleicht jährt sich das auch jedes Jahr aufs Neue? Sensibel ist nett umschrieben. Mir geht’s nicht gut. So schlecht, dass ich den Tag eigentlich streichen möchte. Ich feiere ihn dieses Jahr auch das vierte Mal nicht mehr im Rahmen der Familie. Ich halte das nicht aus. Ich bin extrem weinerlich und ich trage einen Schmerz mit mir herum, der seines gleichen sucht. Ich kann es nur schwer beschreiben. Die Woche davor ist schwer. Sehr schwer. Und mit den Jahren hat das alles sehr zugenommen und ich weiß nicht … wenn ich mir Recht überlege, da lastet in der Zeit so eine Schwere auf mir, eine tiefe Traurigkeit … Und es ist keine Todesangst, die ich mit Sicherheit bei der meiner Geburt hatte.
Im Prinzip wären es zwei Geburtstage gewesen ?? und so wie ich jetzt wieder heulend eskaliere, weiß ich, dass ich recht habe. Ich wollte die letzten Jahre meine Geburt nicht feiern. So gar nicht. Wie soll man sich auch über Leben freuen, wenn die Hälfte von einem n dem Tag eigentlich irgendwie starb. Und genauso (!) fühlt sich mein Geburtstag an.
Ich hab keine Lust nein Leben zu feiern, wenn der Verlust so sehr drückt, wenn meine ganze Gefühlswelt mich daran an erinnert. An diesen Schmerz. Diese Lücke.
Ich hätte einen Bruder gehabt…
0 Kommentare