Hi! Ich bin Nancy. Sexuell komplextraumatisiert, Traumapatientin. Und ganz nebenbei versuche ich irgendwie mein Leben auf die Reihe zu bekommen.
Im Grunde sehe ich aus wie ihr, recht unscheinbar. Es steht mir nicht auf die Stirn geschrieben. Zudem habe ich studiert, einen Ehemann, 2 Kinder. Ziemlich normal, irgendwie, oder?Normal. Genau DAS könnte mein Leben mal sein, zur Abwechslung. Normal. Ohne Traumasymptome, Komplexe, Zerdenken… ohne mir selber ständig und überall (gefühlt) im Weg zu stehen.
Lange Zeit habe ich nun überlegt, ob ich mit Videos weitermache. Dann Audios. Habs gerade mal versucht, selbst da schäme ich mich in Grund und Boden und bin eh den Tränen schon beim Schreiben nahe.
Egal wie, ich muss mir Zeit hierfür nehmen. Das habe ich nun begriffen. Wie für so vieles. Es braucht Zeit. Auch Traumata brauchen Zeit. Zu viel meiner Ansicht nach. Es ist schon krass, dass der Körper es selbst schaffen kann, Traumata zu heilen (Quelle: Gabriele Kahn, weiß nicht mehr, ob ihr erstes oder zweites Buch… Welt- und Pflichtlektüre sollte draufstehen). Ja, der Körper heilt selbst sowas. Man wird nur leider nicht alt genug dafür. Ein Menschenleben reicht derzeit dafür nicht aus. Deshalb: Therapie.
Aber: ich bin ungeduldig. Wer kann es mir aber auch verübeln. In der Scheiße zu stecken, ist irgendwie nicht sehr angenehm. Und nebenbei noch den Alltag zu bewältigen. Mir wird. Therapiestunde um Therapiestunde klarer, was ich leiste. Was Menschen mit Trauma leisten.
Meine Therapeutin hat dies beizeiten angemerkt. Immer und immer wieder. Studium, eigen Familie; ich habe es immer als normal hingenommen. Mittlerweile habe ich fast selber das Gefühl, dass es an ein Wunder grenzt. Gerade als sexuell traumatisierter Mensch ist es wohl eher nicht der Normalfall, eine stabile Beziehung zu führen, die zwei Kinder hervorbringt.
Und jetzt habe ich doch den Bogen zu dem Thema bekommen, welche mich seit zwei Wochen umtreibt. Sex, Sexualität, Fi…, MMF, FFM… die Liste ist bekanntlich lang.
Ich habe nie großartig über meine sexuellen Probleme nachgedacht. Ich war ein Spätzünder. Jungs haben mich erst recht spät interessiert. Damals war ich schon depressiv, hatte wegen Mobbing eine Sozialphobie und zog mich immer mehr zurück.
Meinen jetzigen Mann lernte ich mit 16 kennen, im Netz. Wir nahmen immer mal denselben Bus. ICH hätte ihn NIE angesprochen. Internet sei Dank.
Wir trafen uns im LycosChat, telefonierten noch am selben Tag (?, erzählt er mir immer. Weiß nicht, ob s am selben Tag war, aber ich kann mich dunkel daran erinnern). Ich, Telefon, Sozialphobie… eigentlich sah das immer so aus, dass ich 1,5 Stunden vor dem Telefon hockte, nur um es am Ende doch sein zu lassen. (Danke liebe Mitschüler..). Wir trafen uns öfter und irgendwann beschlossen wir, zusammen zu sein.
Lange Rede… wir hatten 21 Jahre, ich würde ja sagen, kein „vernünftiges“ Sexleben. Fragt mich nicht, ich weiß nicht, wie er es gemacht hat. Bedingungslose Liebe? Der Glaube an das Gute? Wenn einer einen Orden als weltbester Ehemann erhalten sollte, dann wohl er.
Ich tat es nur ihm zu liebe. Bis auf wenige kurze Phasen hätte ich auf das ganze Prozedere verzichten können. Ich habe jedes Mal geweint, mich missbraucht und benutzt gefühlt. Es war nicht schön.
Ich hab es aber auch nie groß hinterfragt. Auch wenn es mich gequält hat. Klar, nachgelesen, aber nie, wäre ich auf die Idee gekommen, dass ich mal etwas erlebt habe, was mein ganze Sexleben, meine Sexualität, einfach alles, was damit zu tun hat, kaputt gemacht hat.
Bis zu dem Punkt als ich das Buch von Gabriele Kahn in die Hand nahm und es las. Und dann auch noch ihr zweites. Besonders das Zweit. Da wurde ich langsam, aber sich er ziemlich nachdenklich. Und nachdem ich all meinen Mut zusammen nahm und es in der Therapie ansprach, war es klar: Ich bin sexuell traumatisiert wurden. Kein Mensch wird so geboren.
Wir wissen nicht, was geschah, nur dass es geschah. Flashbacks lassen den Kindergarten vermuten. Meine Scheu vor Männern, dass es mit einem passiert sein muss. Und interessanterweise habe ich nicht Angst, dass mich ein Mann verprügeln könnte, nein, ich hab Angst, dass er mich attraktiv findet.
Wenn man das so liest, denkt man sich vielleicht nichts oder was für Quatsch. Keine Ahnung. Es ergibt, leider, alles Sinn, das Puzzle setzt sich immer mehr zusammen und ich stehe fassungslos davor und komme mit begreifen nicht hinterher. Wirklich, es hinkt nach. Ich höre Dinge und verstehe Dinge, aber das Begreifen folgt nur langsam.
Ich habe mehr als ein halbes Jahr gebraucht, um wirklich zu kapieren, dass ich ernsthaft traumatisiert bin. Und was das eigentlich heißt und wie schlimm, dass das ist. Und wie krass das, nein die, Ereignisse gewesen sein müssen.
Tja, 21 Jahre. Ich hätte ins Kloster gehen können. Null problemo. Ich hatte, meistens, keinen Bedarf. Erst seit diesem Jahr wird es besser. Ja, seit mein Mann das Verbot erteilt bekommen hat, etwas von sich aus zu tun. Seitdem fühle ich mich frei und sicher. Seitdem muss ich beim Sex nicht mehr weinen, finde Gefallen daran.
Bis vor 2 Wochen. Zwei Wochen? Ob andere Traumatisierte dieses Zeitproblem auch haben? Zurzeit ist Zeit merkwürdig. Ich kann mich scher an Dinge erinnern, wieder mal, nicht einordnen, hab kein Zeitgefühl, wann etwas war.
Jedenfalls hatte mein Mann die Idee von MMF (unkundige mögen googeln). Darf ich sowas überhaupt schreiben? Muss hier irgendwo ein +18-Symbol hin? Hm…
Naja, er meldete und in einem Forum an. Ich war voll im Flow. Hatte das Gefühl, ein Treffen wäre möglich. Aber… ich erzähle meiner Therapeutin natürlich alles. Sie erhob den Zeigefinger, verbot es mir zwar nicht, aber war der Ansicht, dass es nur der Versuch meines Gehirns ist, das Trauma zu reinszenieren. So verarbeitet der Körper über die vielen Jahre, das Trauma selbst. (Aber wie gesagt, man wird nicht alt genug).
Das war halt irgendwie uncool. Die Lust und Neugier war dann erstmal futsch.
Wir haben dann überlegt, wie es ohne Triggern gehen könnte. Ich für mich landete dann schnell bei Freundschaft+. Nach ein paar Chats merkte ich schnell, dass da ja noch was war… die Scheu vor Männern. Da waren es nur noch zwei.
Und nun sitze ich wieder hier, vor meinem Scherbenhaufen, was sich Leben nennt, nur um festzustellen, dass ich zwar lebe, aber mir vieles verwehrt bleibt. Immer noch, xx Jahre nach den Traumata. Manche schrieben, was ich in dem Forum überhaupt zu suchen habe, wenn ich nicht mal ein normales Treffen mit einem Eis schaffe.
Tja Kollege, wenn das Leben so einfachwäre… Wer bin ich, und wenn a, wie viele. Und wir sind einige (Innenkinder). ICH bin neugierig, ich hab Lust. Aber mein Gehirn ist immer noch in dem Modus von damals (Gefahr), also drücken wir mal alle Knöpfe, irgendein Komplex wird sich schon zeigen und alles bleibt, wie es ist.
Und ich stehe mir wieder im Weg. Zutiefst betrübt, mit Tränen in den Augen. Aber sicher…
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