So, Ostern ist überstanden. Mir ging es danach aus verschiedenen Gründen doch eher mies als alles andere. Hier und da waren mal ein paar Ansätze da, die ich zum Schreiben nutzen wollte, aber die verliefen sich im Sande. Ich mag es auch absolut nicht, mich an den PC zu setzen, weil ich denke, ich müsste mal wieder etwas schreiben, das wird Mist. Es muss flutschen. Wenn die Muse also nicht küsst, bleibt der Bildschirm dunkel. Aber jetzt gerade, kommt wieder so viel hoch und ich kann es nicht ordnen.
Habt ihr euch mal überlegt, wie bizarr das eigentlich ist, Ostern zu feiern, sich Osterhasen hinzustellen, den Kindern zu erzählen, der Osterhase versteckt Dinge und dann Hasen zu essen? HÄÄÄ? Vielleicht sind das nur Gedanken, die sich jemand macht, der kein Fleisch ist, ka, aber das ist abgedreht. Das ist so, als würde man Opa zu Weihnachten essen, weil er den Weihnachtsmann spielt.
Seit ich so tief in meiner Familie wühle, sind solche Anlässe manchmal nur noch Pflicht und wenn ich Glück habe, bekomme ich es ich hin, dem Ganzen etwas Gutes abzugewinnen. Darüber bin ich selber oft traurig. Aber ich bin noch lange nicht an dem Punkt angekommen, dass ich mit meiner Familie Frieden schließen kann. Boah, das hört sich jetzt an, als ob ich geschlagen wurde… Wobei… was ältere Generationen betrifft, weiß ich sehr wohl, dass da körperliche Gewalt ein Thema war, bei mir wohl eher die „normale“ Erziehung.
Es ist jedenfalls für mich schwierig geworden. Seit unser Kind da ist, fallen mir so viele Dinge auf, die gar nicht gehen. Viele davon mache ich auch nicht unbedingt besser. Wenn ich genervt bin oder Konflikte anstehen, bin ich auch kein Unschuldslamm und lass mich von meinen Gefühlen leiten, anstatt klar im Kopf zu sein. Ich nehme mal an, dass auch das wieder reine Übungssache ist. Immerhin werden die Zeiten, bis mir auffällt, was ich da wieder angerichtet habe, immer kürzer. Und gestern habe ich mich sogar kurz zurücknehmen, nachdenken können und dann erst gesprochen. Das war echt ein Meilenstein. Das Atmen und Nachdenken, bevor ich einen „Konflikt“ angehe. Muss ja nichts Großes sein, da reicht schon eine „dumme“ Bemerkung meines Vaters und ich bin auf der Palme eine Etage höher.
Beispielweise; mein geliebter Satz „Da haste Pech!“. Unglaublich, was das bei mir anrichtet. Wenn man mich wütend machen und zeitgleich tiefe Wunden aufreißen möchte, dann passt dieser Satz wie die Faust aufs Auge. (Damit ist eigentlich das Gegenteil gemeint, warum man das trotzdem sagt, ist mir ein Rätsel).
Diese drei Worte treiben mich an den Rand des Wahnsinns. Ich denke, um das zu verstehen, muss man mich kennen oder Kind in meiner Familie sein. Mein Gehirn hat den Großteil meiner Kindheit hinter dicken Mauern verschanzt und ich kann nur erahnen, warum. Es ist immer ein Schutzmechanismus. Und das, was manchmal wieder zum Vorschein kommt, reicht, um mich ein paar Tage in emotionale Tiefen zu stürzen. (Hab ich die Hamstergeschichte schon erwähnt… ich muss mal suchen).
Dieser Satz ist für mich das non plus ultra, was Empathielosigkeit betrifft.
„Sieh zu, wie Du mit deinem Problem klar kommst, ich stehe Dir nicht bei. Du bist auf Dich alleine gestellt. Ganz alleine….“
Es sind in aller Regel Banalitäten. Wir hatten zum Mittagessen keine Servietten. Ich nahm ein anderes Tuch. Die Servietten gab es erst, als meine Tante eine brauchte. Ich brachte meinen Unmut zum Ausdruck, was mehr als Spitze gedacht war und dann kam der Satz.
Neulich, es sollte Milchreis für mich geben, für den Rest, inklusive meines Vaters, Grießbrei. Milchreis wollte nicht so, wie ich wollte, also stand ich ohne Essen da. Da fiel der Satz von meinem Vater.
Jedes Mal kochte ich innerlich vor Wut und war zeitgleich so tief verletzt. Jedes Mal fühle ich mich zutiefst verwundet und frage mich, wie meine Familie mir das antun kann. Personen, die mich lieben.
Ich bin noch lange nicht an dem Punkt, dass ich eine Sprache wähle, die frei von Verletzungen ist. Frei von Gewalt. Das ist mein Ziel und unser Kind lehrt mich jeden Tag mehr.
Abgesehen davon, was es mit mir macht, erschreckt es mich jedes Mal wieder, wie unbedacht man seine Worte wählt. Und vor allem, was Worte anrichten können. Und ich bin jedes Mal wieder erstaunt, welche Macht meine Vergangenheit auch noch heute hat. Mir ist vollkommen klar, aber offensichtlich, nicht jedem Anteil von mir bewusst, dass dieser Satz sehr oft in meiner Kindheit fiel. Und diese Worte auch dazu beitrugen, dass ich irgendwann nur noch alles in mich hineinfraß, anstatt mich an meine Familie zu wenden. Ich war ständig alleine auf weiter Flur. Es ist vergangen und dennoch aktuell.
Das führt mich wieder zu dem Satz, den ich neulich las, dass man als Erwachsenen immer und immer wieder die Traumata seiner Kindheit wiederholt. Und dass der erste Schritt daraus ist, sich dessen bewusst zu sein.
Welche Traumata wiederholt ihr immer und immer wieder?
Euer Kopfflüstern
0 Kommentare