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Die Arbeit mit dem inneren Kind oder die Antwort auf die Frage wie viele bin ich

von | 12. April 2019 13:39 | 0 Kommentare

zuletzt aktualisiert am 12. April 2019 13:39

Nach dem Aufenthalt in der Klinik und der Suche nach ambulanter Hilfe wurde ich recht schnell mit dem Thema des inneren Kindes konfrontiert. Im Prinzip handelt es sich um uns selbst in der Vergangenheit. Im gleichen Zusammenhang hab ich von dem sogenanntem Nachbeeltern gelesen. 

Anfangs war es für mich sehr schwer und schmerzhaft, da ich feststellen musste, dass meine Kindheit doch nicht so rosig war, wie ich immer dachte. Meine Eltern waren nicht die empathischsten, deren Eltern wiederum ebenso. Es war also nötig, mit meiner Familie hart ins Gericht zu gehen. Jahre lang, habe ich nie Kritik an meiner Familie geübt, ich wollte das „Schlechte“ nicht sehen, obwohl ich immer gespürt habe, dass da was ist. Etwas, wo ich hinschauen und es zulassen muss, etwas, womit ich mich auseinandersetzen muss. Unangenehm, aber hilfreich.

Meine Cousine hatte früher mal einen Hamster, der hatte Nachwuchs. Mir wurde ausdrücklich gesagt, ich solle nicht in den Käfig fassen, er würde beißen. Also, was amchte ich? Richtig. Mein Finger blutete und blutete und blutete. Ich drückte die Wunde ab und setzte mich so eine Stunde mit an den Kaffeetisch. Jahre lang war dieser Tag für mich unbedeutend. Nach der Gruppentherapie erkannte ich plötzlich, dass da damals ein kleines Kind war, was eigentlich jemanden gebraucht hätte, dem es sich öffnen kann. Der dann keine dummen Kommentare abgibt, wie ich hab es Dir ja gesagt; wer nicht hören will, muss fühlen. Aber genau damit, rechnete ich offensichtlich und hüllte mich in Schweigen. Ich heulte im Auto wie ein Schlosshund, als mir es wie Schuppen von den Augen fiel.

Mit der Kritik an meiner Familie begann die Reise nach mir selbst. Warum bin ich so wie ich bin, warum so sensibel, so voller Angst, so unsicher, mit so wenig Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein. Derzeit knabbere ich gefühlt nur an der Oberfläche und der Weg wird sicher noch lang sein, aber es hilft mir. Es hilft mir mich besser zu verstehen und um mich zu kümmern.

Ich versuche so oft es geht micht abends mit einem Foto von früher  hinzusetzen. Dann lasse ich hoch kommen, was gerade dran ist. Anfangs hab ich das Foto nur gesehen und es flossen Tränen. Mittlerweile stoße ich auch auf Hilflosigkeit, Angst, dem Wunsch nach Schutz. Und dann gebe ich diesem kleinen Kind, das alles, was es damals so sehr gebraucht hätte und genieße. Denn endlich ist da jemand da, der sich um mich kümmert.

Es mag verrückt klingen, aber das ist Nachbeeltern, Selbstfürsorge für das innere Kind, für traumatische Anteile in uns. Ich erledige das, was meine Eltern oder Bezugspersonen damals nicht konnten. Leser unter Euch, die das kennen, können mir sicher zustimmen, wenn ich schreibe, dass es wirklich heilsam sein kann.

Mir half es in Ansätzen zu verstehen, warum ich in bestimmten Situationen so reagiere und nicht anders; warum ich mich manchmal wie ein kleines Kind fühle, schutzlos, klein, unsicher. Vieles ist mir noch unklar, aber die ersten Schritte sind getan.

Viele Wege führen nach Rom, aber eben auch nicht jeder. Und so wird sich nicht jeder mit der Arbeit mit dem inneren Kind identifizieren können. Es ist wie immer ein ausprobieren.

Euer Kopfflüstern

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