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Corona

von | 26. März 2020 20:45 | 0 Kommentare

zuletzt aktualisiert am 26. März 2020 20:45

Alle Welt redet über nichts anderes mehr, und in mir staut sich auch Frust mehrerer Tage, also gebe ich meinen Senf auch mal dazu. 

Mich nerven die Heuchler, sry, wenn ich gerade so denke, die die Polizei rufen müssen, weil bei der Nachbarin mehrere Kinder zusammen spielen. Seit wann interessieren sich so viele Leute für fremdes Elend? Seit wann? Hab ich was verpasst? Ist jetzt hier die große Nächstenliebe und Solidarität ausgebrochen? Andere schützen. Ein Scheiß! Ihr habt alle Angst um euer Leben. Wenn ihr Influenza A habt, wie lange bleibt ihr dann Zuhause, um ja keinen anzustecken? Wie oft, ruft ihr da die Polizei, damit der andere niemanden weiteren ansteckt? Bleibt doch einfach in eurer Wohnung, schließt euch ein und macht die Gardine zu, aber haut andere nicht noch in den Topf…

Ich weiß nicht, wo Corona vereint. Es hat sich nichts geändert. Die paar rührenden Videos aus Italien? 

Sorry, aber genau das ist es, was ich denke. Sie, genau Sie! Dann haben Sie doch wenigstens den Arsch in der Hose und gehen rüber mit einem Abstand von 2 m und sagen sie, was Sie bedrückt. Aber stattdessen verstecken Sie sich Hinter dem Deckmantel der Nächstenliebe und rufen gleich die Polizei! Nicht hat sich geändert. Gar nichts. 

Ich hab das Gefühl, viele Leute denken nur von der Tapete bis zur Wand. Ja, ich hab den Blick dafür, weil ich die Therapiestunden in den letzten 2 Jahren schon nicht mehr zählen kann. Aber jeder Mensch hat die Fähigkeit seinen Horizont zu erweitern und nachzudenken! Jeder. 
Mir geht dieser ganze Hass so aufs Schwein. „Was versteht ihr nicht an dem Satz..“Zuhause bleiben“ etc pp… ich kann es nicht mehr lesen. Nur soviel dazu… ich möchte nicht wissen, wie viele jetzt wieder zur Flasche greifen; wie viele wieder in eine Depression fallen, sich vielleicht sogar das Leben nehmen, wie viele Menschen jetzt wieder rückfällig werden und mit Gott weiß was für psychischen Problemen zu kämpfen haben…
Es fällt einfach mal Struktur weg, ne ganze Menge und man steht plötzlich vor dem Nichts. Ja, schön, wenn Du den ganzen Tag am PC hängst und zockst. Schön, wenn Du in der Lage bist, trotzdem klar zu kommen, aber anderen tun das nicht! Ich war über ein Jahr nicht in der Lage mir meinen Tag zu strukturieren. Dieses Szenario jetzt, wäre damals mein Genickbruch gewesen! 
Und denken wir das ganze doch mal viel weiter. Wie viele Eltern jetzt plötzlich mit, vielleicht sogar mehreren, Kindern daheim sitzen und etwas vollbringen müssen, was sie vielleicht gar nicht können oder ihnen schwerfällt. Zeit miteinander zu verbringen. Ich höre schon wieder die ersten Lachen. Auch hier ist wieder Empathie gefragt… eine Eigenschaft, die stark rückläufig ist… ich möchte nicht wissen, wie viel jetzt Gewalt an Kinder ausgeübt wird, oder an Partnern, Haustieren. 
Zusätzlich denke man doch bitte an die wirtschaftliche Lage. Wie viele Firmen jetzt wohl krachen gehen? 
….
Und euch fällt nichts Besseres ein, als auf den anderen rum zu hacken, die sich nochmal mit der besten Freundin treffen, die vielleicht schon zur Familie gehört, aus diversen Gründen. 

Niemand ist in dieser Zeit mit seiner Angst alleine. Aber dann ruft die Seelsorge ein und verhalte euch nicht wie ein A…loch. Tut mir leid… so wütend kann ich dann doch auch mal sein.

Und vor Corona hatte ich nie wirklich Angst, aber vor dieser Ausgangsbeschränkung (!!) habe ich richtig gezittert. Ich hatte bisher jeden Nachmittag einen „Termin“ und den Vormittag für mich, da Kita. Und dann kam das nichts. Und jede Menge Gedanken. Jede Menge gebrauchte Kinderbücher hab ich bestellt. Das ein oder andere kleine Spielzeug gekauft und 4 Kg Mehl um Kuchen zu backen… 

Ich schäme mich. Ich schäme mich wieder mal ein Mensch zu sein. Und ja, ich glaube wirklich nicht daran, dass die Leute andere schützen wollen, sondern dass das alles Ausdruck der eigenen Angst ist. Denn wo ist das Bedürfnis andere zu schützen in anderen Zeiten? Bei anderen ansteckenden Krankheiten? Wer lässt sich bei Erkältungsymptomen testen und bleibt dann daheim? Wer? Ja, ist es nicht Corona, aber das rafft die Alten genauso hin. Seit doch wenigstens ehrlich, bringt eure Angst zum Ausdruck oder euren Neid, dass der Nachbar sich noch raus traut oder was auch immer dahinter steckt. Aber verhalte euch nicht wie das letzte Ekel. 

Eure Angst ist verständlich. Ich weiß, wie es ist, wenn man denkt, das war es jetzt. Ich weiß, wie es ist, wenn es sich existenziell anfühlt. Aber genauso fühlt sich vielleicht eurer Gegenüber, was die Wohnung nun nicht mehr verlassen soll. Jemand, der mit Einsamkeit vielleicht gar nicht umgehen, der mit derartigen Beschränkungen nicht umgehen kann. Erweitert euren Horizont. Die wenigsten gehen raus, um andere zu ärgern. Übt euch doch bitte ein wenig in Empathie. Genauso solche Zeiten sollten uns sowas lehren. Stattdessen geifern sich wieder alle nur an. 

Trauriges Schauspiel.

Was mein Herz allerdings höher schlagen lässt, sind die klaren Kanäle in Venedig. Vielleicht sollten wir jedes Jahr einen Monat auf Reisen, auf Tourismus etc. verzichten und der Natur etwas Erholung bieten. 

Bleibt empathisch!

Euer Kopfflüstern

 

PS: Ich muss mich doch sehr für meinen Ton entschuldigen. Aber bei aller Empathie überkommt es mich doch auch mal. Und wenn ich eines nicht abkann, dann ist es Doppelmoral. Bei Corona nehmen wir diesen Maßstab, wenn es wieder „nur“ Influenza ist, nehmen wir einen ganz anderen und stecken uns fröhlich an. 

 

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