05.10.2025

von | 5. Oktober 2025 13:07 | 0 Kommentare

zuletzt aktualisiert am 5. Oktober 2025 13:17

Hallo Frau S,

ich schreibe Ihnen, weil ich mir das alles nicht mehr merken kann. Und ich schreibe unter Tränen, weil alles so viel ist und ich mich damit komplett alleingelassen fühle.

Ich weiß nicht, was los ist. Seit den Sommerferien ist das Kind, was nicht alleine sein kann, ruhiger geworden. Und ich wünschte, ich könnte das in irgendeiner Form genießen, aber nicht mal das kann ich. Andere scheinen dafür umso lauter zu schreien und melden sich in einer Form, in der ich nicht Klar komme und damit meine Umwelt auch eher weniger. Und ich fühle mich damit so abgrundtief traurig und hilflos, ohnmächtig. 

Wir wollten heute zu den Schwiegereltern fahren. In der Küche war Unordnung, die Spüle war dann fast verstopft. Ich glaube, da war ich wieder etwas unglücklich. Dann schrie Ruby, weil Emmaline ihre aus Versehen weh getan hatte. Da reagierte ich schon genervt, weil…ich weiß nicht. Dann schlug Emmaline die Türen zu und da war es bei mir dann vorbei. Das war, glaube ich, der Moment, in dem alles kippte und ich mir plötzlich nicht mehr sicher war, ob ich noch mitfahren möchte. Das kippte dann in ein komplettes Gefühl von alleine sein wollen. Mitgemischt hat dann irgendwie das Gefühl, dass ich meiner Familie nicht gut tu. Ich ging dann ins Bad, ich weiß nicht mehr genau, was mir alles durch den Kopf ging. Ich versuchte dann noch mit den Anteilen zu reden, dass ich sie sehe. Dann musste ich weinen, dann war ich „besser“ drauf. Aber ich war immer noch „genervt“, wollte aber wieder mitfahren. Ich war dann nochmal in der Küche, mein Mann kam dazu und ich war froh, dass ich erzählen konnte, was mit mir los war, da war ich total stolz drauf… ich hatte auch die Hoffnung, dass jetzt Ruhe ist.

Als ich dann merkte, dass mein Mann genervt war…da meldete sich wieder der Anteil, dass ich den anderen nicht gut tu und dann kam noch was hoch. Das ich alles immer kaputt mache, denn es war schon spät. Dann meinte mein Mann, dass er mich versteht, aber das ich doch nicht immer auf die Anteile hören soll. Wenn einer sagt, spring aus dem Fenster, mach ich es ja auch nicht und wir doch einfach fahren könnten. Und das war dann der Punkt, an dem ich mich nicht mehr verstanden gefühlt habe ( denn ich fühlte mich ja, wie alleine bleiben zu wollen/müssen (müssen auch, weil als Strafe, weil ich alles falsch gemacht habe). Dann beschloss er, nicht mehr zu fahren, er war wütend, die Kinder weinten, ich war wie eingefroren. Dann entschloss er sich doch zu fahren. Ich saß noch ne Weile schweigend im Auto. Ich weiß leider nicht mehr, was er dann sagte, aber ich verschwand dann unter Tränen und mit den Worten, dass er mich nicht versteht. Er wollte mich dann noch trösten, aber ich wollte in meinem Schmerz alleine sein. Es fühlte sich alles so schlimm an. Er ging dann wütend weg und meinte, sie werden jetzt so viel Spaß haben.

Ich verstehe seine Wut. Er will mich so nicht zurücklassen, weil er sich Sorgen macht. Er will nicht ohne mich fahren, sie kommen zu spät, seine Eltern warten, das Essen…, die Kinder drängeln. 

Ich fühl mich wie das schwarze Schaf der Familie, und das Gefühl kenne ich nur zu gut. Ich mach alles kaputt, ich tue den anderen nicht gut… Ich fühl mich nicht verstanden. Zwischenzeitlich hatte ich das Gefühl, er denkt, ich könnte sowas besser planen. Aber ich mach sowas überhaupt nicht mit Absicht. Ich hab mich auch auf das Mittag und die gemeinsame Zeit gefreut. Aber ich hab das Gefühl, so niemanden gegenübertreten zu können, weil dann wieder wie früher blöde Bemerkungen kommen und ich meine Tränen und all meinen Schmerz zurückhalten muss. Und das will ich nicht. Und gleichzeitig muss ich hier alleine sein, weil ich so „unartig“ war und ich es nicht anders verdient habe.

Und ich fühl mich so überrannt und so tief traurig, weil alles so ist wie es ist. Und es ist mir alles zuviel. Ich will nicht die Kaputte sein, die anderen und sich selbst den Tag vermiest. Aber genau das ist. Jetzt sitze ich alleine hier und weiß nicht wohin mit mir und alleine schon das alleine sein, wird mir wieder was abverlangen, auch wenn es besser läuft. Aber dann noch der ganze Schmerz und ich weiß nicht wohin damit. 

Ich schäme mich so sehr. Ich schäme mich so sehr, dass ich so ein Theater mache und nicht funktioniere. Und ich fühle mich so schuldig. Ich hab den Wunsch mich zu isolieren, weil ich so schrecklich bin, alles kaputt mache. Und weil ich das Gefühl habe, dass mich niemand versteht.

Seit das Kind, welches nicht alleine sein möchte, ruhiger ist, ist so ein Chaos. Und es kommen mit einem Schlag so viele alte Dinge zum Vorschein und so viel Schmerz und ich weiß mir einfach nicht zu helfen. Ich fühl mich so falsch. Ich hab das Gefühl, so kann man mich nicht lieben und so bin ich auch nicht richtig. 

Ich bedanke mich für Ihre Zeit. 

Nancy

PS: Ich brauche keine Antwort. Es geht mir eher darum, dass Sie sehen und verstehen, was momentan los ist. Und ich hab Angst, dass so vieles, was wichtig sein könnte, verloren geht. Ich fühl mich wie Urlaub. Urlaub, in dem einfach mal nichts ist und ich ich sein kann und nicht irgendwas altes. Ich vermisse mich 

Ich fühl wie ein Schlachtfeld. Auf dem der Krieg tobt und ich hab nicht mal einen Einfluss. Und trotzdem fühl ich mich heute wieder als Verlierer.

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